Mobile Learning – Studieren mit dem Handy

1 Einleitung

Das so genannte Mobile Learning – das Studieren mit dem Handy – und insbesondere das Lehren mit Hilfe von mobilen Endgeräten (Mobile Education) gehört bereits seit 2002 zu den Forschungsschwerpunkten am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftlehre, insbesondere Organisation und Planung, im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft. Die Forschungsaktivitäten finden dabei ihren Ursprung in dem vom Ministerium für Schule, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen bis Juni 2003 geförderten Projekt „Mobile Platform for Educational Content“. Dieses Projekt beinhaltete die Entwicklung einer Software, die multimediale Lehr- und Lernumgebungen um Benutzerschnittstellen für mobile Endgeräte ergänzt. Sie sollte es für Anbieter computergestützter Lerninhalte ermöglichen, Studierende auch auf mobilen Telekommunikations-Endgeräten wie beispielsweise Handy und PDA zu erreichen. So entstanden erste Prototypen mobiler Lernangebote, die bereits auf der CeBIT und Learntec präsentiert wurden.

Aufgrund des positiven Feedbacks der Lernenden zu den mobilen Lernangeboten, einer breiten und sehr positiven Resonanz auf die präsentierten Ergebnisse in der Öffentlichkeit sowie der unaufhaltsamen Verbreitung des Mobilfunks in der Bevölkerung (vgl. Lehner 2002, S. 5) werden die Forschungsaktivitäten über die Förderungszeit hinaus weiter vorangetrieben und heute in dem so genannten Mobile Education Center of Excellence intensiviert. Betrachtet werden sowohl technologische als auch didaktisch-methodische Aspekte der unterschiedlichen Lehr- und Lernformen im mobilen Internet. Neben der Beobachtung der Entwicklungen wird am Lehrstuhl auch die eigene Erprobung von Mobile Education weiter vorangetrieben.

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2 Technische Möglichkeiten und Restriktionen des Mobilfunks

Die Entwicklung des Mobilfunks hat etliche Möglichkeiten hervorgebracht, mit denen digitale Inhalte offline oder online wie auf dem PC dargestellt und modifiziert werden können. Darüber hinaus hebt der Mobilfunk neuartige Funktionalitäten, wie beispielsweise so genannte Location Based Services (LBS) (vgl. Turowski/Pousttchi 2004, S. 74-80), hervor, die mit Hilfe der Lokalisierung eines Nutzers ortspezifische Dienste ermöglichen.

Um die Idee des Lernens auf dem Handy zu verwirklichen, müssen allerdings (noch) große Herausforderungen technologischer Art überwunden werden. Der deutsche Mobilfunkmarkt ist heute von vier Netzbetreibern besetzt, die fünf verschiedene Mobilfunknetze für mobile Datendienste (vgl. Wallbaum/Pils, 2002, S. 79-90) und neuerdings auch die Möglichkeit der Datenübertragung über das sog. Wireless Local Area Network (WLAN) anbieten. Der Unterschied dieser Netze liegt hauptsächlich in der Geschwindigkeit der Datenübertragung, die vor allem die Leistung und gegebenenfalls die Funktionsweise einzelner mobiler Datendienste erheblich beeinflusst.

Zudem sind unzählige Endgeräte – angefangen bei dem Handy über so genannte Personal Digital Assistants (PDA) bis hin zu Smartphones – auf dem Markt verfügbar. Diese mobilen Endgeräte unterliegen wiederum unterschiedlichen technischen Restriktionen, wie beispielsweise Display, Speicherkapazität, Darstellungsform und softwaretechnische Ausstattung. Die Darstellung der Inhalte auf dem Endgerät wird heute sowohl in schwarz/weiß als auch in einer Farbenanzahl von bis zu 262.144 Farben je nach Endgerät ermöglicht. Die Displaygrößen variieren dabei in Auflösungen von 90 mal 44 Pixel bei älteren Handys bis zu 240 mal 320 Pixel bei neueren PDA. Neben dem – je nach Endgerät unterschiedlichen – internen Speicher besteht bei neueren Modellen eine Erweiterungsmöglichkeit der Speicherkapazität durch austauschbare Speicherkarten. Die Darstellung der Inhalte auf den Endgeräten hängt von der zugrund liegenden Programmiersprache ab; beispielsweise Wireless Markup Language (WML), compact Hypertext Markup Language (cHTML), HyperText Markup Language (HTML) oder Java. Die Endgeräte können heute verschiedene, meist jedoch nicht alle Darstellungsformen bedienen, da es keinen Standard bei den Programmiersprachen gibt und die technologische Entwicklung immer neue Programmiersprachen hervorbringt. Schließlich kann die softwaretechnische Ausstattung der jeweiligen Endgeräte bei der Entwicklung von mobilen Diensten berücksichtigt werden, um den Nutzern weitere Möglichkeiten zu eröffnen. Zusätzliche Programme ermöglichen zum einen die Nutzung von Standards aus dem stationären Internet, wie beispielsweise das SWF- oder PDF-Format. Zum anderen kann mit Hilfe vorinstallierter Audio- und Videoprogramme multimedial aufgearbeitetes Material auf mobilen Endgeräten zum Einsatz kommen. Diese so genannten Plug-Ins sind jedoch heute nur bedingt ausgereift und noch wenig verbreitet.

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Abb. 1.: Technische Rahmenbedingung bei der Entwicklung von mobilen Datendiensten

Letztendlich muss die in der Abbildung 1 dargestellte Heterogenität der heutigen Technologien auf dem Mobilfunkmarkt bei der Entwicklung mobiler Datendienste berücksichtigt werden, um eine breite Masse an potenziellen Nutzern von Mobile Education zu erreichen. Der Erfolg von Mobile Education – gemessen an einer signifikanten Nutzung mobiler Lernangebote durch Studierende – liegt jedoch nicht primär in der Integration und Beherrschung aller heutigen und zukünftigen Technologien. Die noch größere Herausforderung liegt vielmehr in der Entwicklung von mobilen Datendiensten, die in ihrer einfachen und intuitiven Handhabung sowie in einem ersichtlichen Nutzen, wie beispielsweise dem messbaren Lernerfolg, ein positives Erlebnis des Lernenden bewirken (vgl. Kossen 2001, o.S.).

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3 Mobile Education im betriebswirtschaftlichen Hauptstudium

3.1 Ausgangssituation

Um erste Erfahrungen mit den Möglichkeiten und Grenzen des Mobile Education zu sammeln, wurde zum Jahresende 2002 ein erstes mobiles Lernangebot konzipiert, das den Lehrstoff eines Lehrbriefes aus dem Hauptstudium wiedergibt. Zu diesem Zeitpunkt sollte der Kurs „Organisation III: Organisationsgestaltung“ zudem in eine CD-ROM überführt und gleichzeitig für den Lernraum Virtuelle Universität vorbereitet werden, so dass hier verschiedenste Aspekte der multimedialen Aufarbeitung von Lehrtexten zu beachten waren. Im Rahmen der CD-ROM-Umsetzung lag der Fokus in dem Ausschöpfen der vielen technischen Möglichkeiten. Dazu kamen zahlreiche Verknüpfungen (URL) zwischen Verzeichnissen, Quellen, Stichwörtern, Querverweisen, Abbildungen und Aufgaben sowie die aufgeteilte Darstellung der Inhalte in verschiedenen Arbeitsbereichen (Frames) zum Einsatz. Darüber hinaus wurden Audio- und Videomaterialen (MPG) und interaktive Aufgaben (Flash) neu entworfen und eingebracht; sie haben aus didaktischer Sicht zu einem Mehrwert für die Studierenden zugeführt.

Die Gestaltung eines entsprechenden mobilen Lehrangebotes konnte dagegen nicht ohne weiteres kongruent vorgenommen werden. Insbesondere die bereits angesprochenen technischen Restriktionen der mobilen Endgeräte und der Mobilfunknetze setzen im Vergleich zu den aus der PC-Welt bekannten Möglichkeiten (noch) erhebliche Grenzen. Die Besonderheiten der Ideen des Lernens mit dem Handy erfordern zudem – aufgrund der damit verbundenen neuen Lehr- und Lernmethoden – ein radikales Umdenken bei der Konzeption der mobilen Lernangebote. So steht nicht das Lernen neuer Inhalte im Mittelpunkt, sondern vielmehr eine Überprüfung des Lernerfolges und der Austausch zwischen den Lernenden untereinander sowie zwischen den Lehrenden und Lernenden.

 

3.2 Überprüfung des Lernerfolges

Bei der Konzeption des Mobile Education wird angenommen, dass die Lernenden die Lehrinhalte bereits anhand eines Skriptes, im Seminar oder im Internet durchgearbeitet haben. Zudem wurde bereits festgehalten, dass mobile Lernangebote sich insbesondere für zeitlich eng begrenzte Lernsituationen eignen. Vor dem Hintergrund sind entsprechende kurze Module in der Form von Lückentext-, Multiple-Choice- und Richtig/Falsch-Aufgaben für die Überprüfung des bisherigen Lernerfolges vorbereitet worden. Die Lückentext-Aufgaben basieren auf Begriffsdefinitionen, bei denen der Lernende einer vorgegebenen Erklärung den zugehörigen Begriff eingeben muss. Multiple-Choice-Aufgaben bauen dagegen auf einer Frage mit mehreren vorgegeben Antwortmöglichkeiten auf, aus denen der Lernende die Richtigen auswählen soll. Schließlich sind die Richtig/Falsch-Aufgaben in der Form gestaltet, dass der Lernende mit einer Aussage konfrontiert wird und er ihre Richtigkeit beurteilen soll.

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Abb. 2: Multiple-Choice-Aufgaben

Die Aufgaben werden jeweils in Zehner-Gruppen angeboten, die aus einem Pool mit insgesamt hundert Aufgaben vom System zufällig zusammengestellt werden. Auf diese Weise kann der Lernende zum jeweiligen Kapitel die Aufgaben wiederholt bearbeiten und wird jederzeit mit neuen Aufgaben konfrontiert.

 

3.3 Austausch zwischen den Lernenden

Des Weiteren wurde bei der Konzeption des mobilen Lernangebotes Wert auf die Förderung der Kommunikation zwischen allen Beteiligten gelegt. Dafür wurde zum einen ein Instrument der synchronen Kommunikation realisiert. Die Integration eines kursübergreifenden Chats ermöglicht nicht nur den Austausch zwischen den Lernenden untereinander, sondern erlaubt dem Kursbetreuer, sich bei Bedarf an der Diskussion aktiv und zeitnah zu beteiligen. Für eine asynchrone Kommunikation wurde zum anderen ein schwarzes Brett für Fragen und Diskussionspunkte in den jeweiligen Kapiteln errichtet. Die Lernenden können mit diesem Kommunikationsinstrument jederzeit Fragen an die Lerngruppe stellen. Die Beantwortung und Diskussion dieser Fragen können im Gegensatz zum Chat zeitversetzt erfolgen. Der große Vorteil des schwarzen Bretts liegt dabei in der fragen- bzw. themenspezifischen Dokumentation, die auch zu einem späteren Zeitpunkt als Nachschlagewerk für andere Lernende dient.

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Abb. 3: Kommunikation unter den Lernenden

Darüber hinaus haben die Lernenden die Möglichkeit, mit Hilfe eines Terminplaners sich in den Studienzentren oder an selbst ausgewählten Orten zwecks Lerngruppen zu verabreden. Dazu werden ein oder mehrere Treff- und Zeitpunkt(e) vorgeschlagen und die Vorschläge automatisch an einem im Vorfeld definierten Verteiler – beispielsweise alle Teilnehmer eines Kurses – verschickt. Das System kann dabei die Mitteilungen, aber auch die Zu- oder Absagen, unter anderem per E-Mail und SMS verarbeiten. Nach der Rückmeldung aller Lernenden im Verteiler wird ein Termin festgesetzt, der von den meisten als noch verfügbar bestätigt wurde. Der vorschlagende Teilnehmer kann diesen meist favorisierten Termin akzeptieren oder manuell korrigierend ins System eingreifen. Abschließend wird eine Bestätigung mit dem endgültigen Termin an alle Lernenden verschickt.

 

3.4 Lernen neuer Inhalte

Wie bereits dargestellt, eignen sich lange Lehrtexte und datenintensive Elemente, wie beispielsweise Audio- und Videosequenzen, (noch) nicht für mobile Lernangebote. Nichtsdestotrotz sollen aus explorativen Gründen der gesamte Lehrtext und einzelne Videosequenzen aus der zugehörigen CD-ROM in das mobile Lernangebot übertragen werden. Von Interesse für zukünftige Entwicklungen sind dabei die Erforschung von verschiedenen Lernszenarien im Mobile Learning sowie die Überprüfung der technischen Restriktionen verschiedener mobiler Endgeräte.

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Abb. 4: Lehrtext

Erste Ergebnisse der Umsetzung deuten daraufhin, dass die Lernenden die gesamten Lehrtexte nicht zum Lernen, sondern als Nachschlagemöglichkeit nutzen, falls Unsicherheiten bei der Beantwortung der Fragen entstehen. Aufgrund der vergleichbar eingeschränkten Darstellungsmöglichkeiten eines Handys ist es auch leicht nachvollziehbar, dass die Lernenden das erstmalige Studieren eines Kurses auf dem mobilen Endgerät nicht bevorzugen. Zum einen ist das Lesen eines rund 100 Seiten starken Lehrbriefes auf einem kleinen Display in kürzester Zeit sehr ermüdend und eher unpraktisch, wenn der Lernende beispielsweise schnell zwischen einzelnen Textpassagen wechseln oder nach bestimmten Begriffen suchen will. Zu anderen sind die meist umfangreichen Abbildungen auf dem kleinen Display sehr schwer lesbar. Zu den Lösungsansätzen einer verbesserten Darstellung dieses Bildmaterials gehören entweder zusätzliche textliche Beschreibungen der dargestellten Zusammenhänge oder eine Vergrößerungsfunktion, um bestimmte Details auf dem kleinen Display hervorzuheben. Auch die benötigte Datenmenge von ca. 350 KB für die Texte sowie ca. 1 MB für alle Abbildungen ist – je nach Übertragungsverfahren – mit langen Übertragungszeiten und damit einhergehenden hohen Kosten verbunden.

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Abb. 5: Video- und Audioelemente sowie Live-Stream-Übertragung

Das Abspielen von Audiosequenzen der Lehrinhalte oder mit ergänzenden Informationen ist zwar im Vergleich zum Text mit beträchtlichen Datenmengen verbunden, jedoch wird es in bestimmten Situationen als nützlich empfunden. Analog einer Hör-CD kann der Lernende beispielsweise auf einer Reise – ohne die bereits angesprochene Belastung der Augen – die Lehrinhalte konsumieren. Trotz der noch vergleichbar schlechten Bildqualität werden darüber hinaus Videosequenzen von den Lernenden positiv wahrgenommen. Dabei wird von den Lernenden angeregt, dass diese videotechnischen Möglichkeiten nicht nur für Zusatzerläuterungen bei den Lehrinhalten genutzt werden, sondern auch für die Übertragung von kursspezifischen Präsenzveranstaltungen, wie Vorlesungen oder Klausurvorbereitungen. Eine so genannte Live-Stream-Übertragung von Veranstaltungen ist zwar heute schon technisch möglich, allerdings ist für die Realisation eine noch vergleichbar umfassende technische Ausstattung notwendig, die mit nicht unerheblichen Kosten verbunden ist.

 

 

4 Weiterentwicklung des bestehenden mobilen Lernangebotes

4.1 Erweiterung der Inhalte und Funktionen

Bevor weitere Lehrtexte umgesetzt werden, gilt es zunächst die bisherigen mobilen Lernangebote um weitere Inhalte und Funktionen zu erweitern. Parallel dazu wird eine höhere und intensivere Beteiligung der Lernenden und Lehrenden an den Entwicklungsarbeiten angestrebt. Alle im Rahmen des Projektes neu entwickelten Lernszenarien sollten jedoch frühzeitig in der Zielgruppe diskutiert werden, um Fehlentwicklungen zu vermeiden und Hemmschwellen abzubauen. So ist die Berücksichtigung von Wünschen und Erfahrungen der Lernenden, aber auch weiterer Ideen und Vorstellungen der Lehrenden für die Weiterentwicklung nicht nur interessant, sondern dringend erforderlich. Eine fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema Mobile Education soll sich jedoch nicht nur auf eine Evaluierung am Lehrstuhl beschränken, sondern es werden zudem Befragungen und Diskussionen mit externen Partnern initiiert. Dazu wird unter anderem im Rahmen von Vorträgen und Messebeteiligungen der Austausch mit Fachexperten gesucht.
Inhaltlich sollen die mobilen Lernangebote um Glossar und Stichwortverzeichnis erweitert werden, um den Wunsch der Lernenden, Begriffe gezielt nachschlagen zu können, zu befriedigen. Des Weiteren ist angedacht, dass die Lernenden neben den vorgegebenen Fragen, auch eigene neue Fragen in Form Lückentext-, Multiple-Choice- und Richtig/Falsch-Aufgaben von formulieren können, die sie dann selber nutzen oder für andere Lernende zur Verfügung stellen. Die Möglichkeit einer freien Fragenformulierung soll die Auseinandersetzung mit den Inhalten intensivieren und – nach einer Überprüfung der neuen Fragen durch den Lehrenden – die Anzahl an unterschiedlichen Fragen für Selbsttests erhöhen. Das interaktive Einbeziehen der Lernenden wird zudem um noch zu konzipierende Rückkopplungsmechanismen für den Lehrenden erweitert. Mit diesem Feedback sollen Anregungen sowohl inhaltlicher als auch didaktisch-methodischer Natur für die Weiterentwicklung der mobilen Lernangebote gewonnen werden.

 

4.2 Anbindung an andere Systeme

An der FernUniversität in Hagen erhalten die Studierenden didaktisch aufbereitetes Studienmaterial, das sie nach ihrem individuellen Zeitbudget bearbeiten. Das Material ist neben der Papierform auch auf multimedialen CD-ROMs und im Rahmen des „Lernraums Virtuelle Universität“ über das Internet verfügbar. Das Konzept des Mobile Education findet in der strategischen Ausrichtung der FernUniversität zwar noch keine Berücksichtigung, könnte aber in der Zukunft aufgrund der Verbreitung von mobilen Endgeräten an Bedeutung gewinnen. Deshalb ist es wichtig bei der Konzeption von mobilen Lernszenarien keine Insellösungen zu entwickeln, sondern die Verbindung dieser neuen Form des Lernens mit bestehenden Systemen zu koppeln. In einer für die Studierenden bekannten Lernumgebung würde dabei nicht nur die Orientierung leichter fallen, eine Anbindung an vorhandenen Systemen könnte zudem eine medienübergreifende Kommunikation ermöglichen. Denkbar wären Lernszenarien, zu denen ein Student auf der Geschäftsreise mit seinem mobilen Endgerät zusammen mit anderen Studenten Lerninhalte bearbeitet. Dabei sollte er die Möglichkeit erhalten, mit seinem Handy z. B. mit einem anderen Studenten, der in der Universitätsbibliothek an einem Laptop arbeitet, und einem weiteren Studenten, der an seinem Arbeitplatz am PC lernt, sich uneingeschränkt auszutauschen.

Die größte Herausforderung der Anbindung von Mobile Education an den Lernraum Virtuelle Universität liegt allerdings in dem Zusammenführen vieler unterschiedlicher Teilsysteme. Dafür müssten entweder eine Echtzeit-Synchronisierung oder eine zentrale Datenablage für alle Teilsysteme wie Lehrtexte, virtuelle Arbeitsgruppen, Chats, schwarze Bretter etc. geschaffen werden. Die Integration wird zudem erschwert, weil die mobilen Lernangebote sich noch im Testbetrieb befinden und noch keine endgültige Festlegung sowohl für die Inhalte als auch für die Datenschnittstellen besteht.

 

4.3 Technische Optimierungen

Schließlich sind bei der bevorstehenden Weiterentwicklung noch weitere technische Optimierungen durchzuführen. Zum einen muss die Datenkomprimierung der mobilen Lernangebote verbessert werden, um die Kosten für die Lernenden nachhaltig zu reduzieren sowie die Ausführungsgeschwindigkeit der Dienste (Performance) zu erhöhen. Aufgrund der (noch) hohen Übertragungskosten bei (noch) langsamen Übertragsraten für mobile Datendienste, erscheint zudem eine versuchsweise Umsetzung der datenintensiven Zusatzelemente, wie Videosequenzen, auch auf Speicherkarten für eine Offline-Nutzung als sinnvoll.
Zum anderen stellt die Überführung von Abbildungen aus dem Kurs eine Herausforderung dar. Sowohl bei einer automatischen als auch manuellen Verkleinerung der Abbildungen für die kleinen mobilen Endgeräte gehen oftmals wichtige inhaltliche Details verloren. Um den inhaltlichen Umfang nicht einzuschränken, muss nach anderen Darstellung- oder Erklärungsformen gesucht werden. Schließlich sollen Optimierungen hinsichtlich der langen Lehrtexte in der Form vorgenommen, dass sie je nach der spezifischen Speicherkapazität des jeweiligen mobilen Endgerätes in mehrere kleinere Seiten aufgeteilt werden.

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5 Fazit und Ausblick

Mobile Education als eine neue Form des Lernens ist zwar kein Ersatz der bisherigen Lernformen (vgl. Schwabe/Frohberg 2004, S. 1077), aber eine sinnvolle Ergänzung dieser. Es bietet ein Höchstmaß an Mobilität, Unabhängigkeit und Flexibilität. Lernende können nach ihrem ganz individuellen Zeitbudget üben und unterwegs ungeplante Leerzeiten spontan für Lernzeiten nutzen – auch ohne Manuskripte, Bücher oder PC. Zudem fördert die damit verbundene steigende Wiederholung der Lerninhalte signifikant den Erfolg des Lernens.

Trotz dieser ersten positiven Eindrücke der Lernenden, die das Lernen auf dem Handy ausprobierten, ist eine weitere Erforschung von Mobile Education wichtig. Zunächst müssen die heutigen mobilen Lernangebote in der Praxis getestet und evaluiert werden. Die technischen Möglichkeiten sind dabei noch lange nicht voll ausgeschöpft und zudem eröffnet der technologische Fortschritt fortlaufend neue Möglichkeiten. Neben den hier betrachteten mobilen Lernangeboten in der universitären Aus- und Weiterbildung ist ferner ein Blick auf die Schulausbildung zu wagen. Hier verbergen sich möglicherweise aufgrund der höheren Affinität der heutigen Schüler zu mobilen Endgeräten vielseitigere Lernszenarien als bei der Erwachsenenbildung. Weitere Anwendungsfelder sind im touristischen Bereich denkbar. Der Einsatz anderer Technologien des Mobilfunks wie Lokalisierungsdienste ermöglichen weitere Lernszenarien in Städten sowie auf größeren Geländen wie Freizeitparks oder botanischen Gärten.

Neben den Lernszenarien sind zudem Geschäftsmodelle für Mobile Education von Interesse. Die Erforschung, die (Weiter-)Entwicklung und der laufende Betrieb mobiler Lernangebote stellen einen erheblichen Kostenfaktor dar. Nur mit wirtschaftlich kalkuliertem Vorgehen bei der Umsetzung von mobilen Lernangeboten kann ihre dauerhafte Existenz in der Praxis gesichert werden. Dabei kann aufgrund der erkennbaren Konvergenz zwischen dem stationären und dem mobilen Internet nach Analogien als Anhaltspunkt für Mobile Education gesucht werden. Die technologische Konvergenz und die Annahme, dass Mobile Education kein Ersatz, sondern eine Ergänzung für bisherige Lernformen darstellt, deuten schließlich auf die besondere Bedeutung einer Verbindung der Lernmedien und -formen bei der zukünftigen Entwicklung hin.

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Literaturverzeichnis

  • Kossen, Jeremy S.: When e-learning becomes m-learning, in: Palmpower Magazine Enterprise Edition, 06/2001, http://www.palmpowerenterprise.com/issues/issue200106/elearning001.html
  • Lehner, Franz: Einführung und Motivation, in: Teichmann, René/Lehner, Franz (Hrsg.): Mobile Commerce – Strategien, Geschäftsmodelle, Fallstudien, Berlin u. a. 2002, S. 3-28
  • Schwabe, Gerhard/Frohberg, Dirk: M-Learning – kooperatives Lernen im Kontext, in: Das Wirtschaftsstudium 8-9/2004, S. 1071-1077
  • Wallbaum, Michael/Pils, Carsten: Technologische Grundlagen des Mobile Commerce, in: Teichmann, René/Lehner, Franz (Hrsg.): Mobile Commerce – Strategien, Geschäftsmodelle, Fallstudien, Berlin u. a. 2002, S. 51-109
  • Turowski, Klaus/Pousttchi, Key: Mobile Commerce – Grundlagen und Techniken, Berlin u. a. 2004

[Quelle: Kuszpa, Maciej: Mobile Learning – Studieren mit dem Handy, in: FernUniversität in Hagen (Hrsg.): Jahrbuch 2004 der Gesellschaft der Freunde der FernUniversität, Hagen 2005, >> Publikation auch online (PDF, 354 KB ]

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